SONA: Drogenkrieg sei „unblutig“

Am 22. Juli 2024 lobte Präsident Ferdinand Marcos Jr. in seiner dritten Rede zur Lage der Nation (State of the Nation Address/SONA) in Manila die Erfolge seiner Anti-Drogen-Kampagne. Dabei verwies er auf die Festnahme von 97.000 Drogenhändler:innen und Rekordmengen an beschlagnahmten illegalen Drogen im Wert von 44 Milliarden Pesos. Zudem sei die Zahl der von illegalen Drogen betroffenen Barangays auf 32% gesunken. Der Präsident betonte, dass seine Regierung den sogenannten „Krieg gegen Drogen“ auf eine „unblutige“ Weise führe und sich auf Prävention, Rehabilitation und Bildung konzentriere. Er hob auch hervor, dass die „Beseitigung“ von Personen im Zuge seiner Anti-Drogen-Kampagne nie Teil dieser Strategie gewesen sei.

Diese Darstellung steht jedoch im Widerspruch zu Dokumentationen von weiteren drogenbezogenen Tötungen unter Marcos Jr. Cristina Palabay, Generalsekretärin der philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan, wies darauf hin, dass Marcos Jr. die Leitlinie der philippinischen Nationalpolizei (Philippine National Police/ PNP), das Memorandum Circular 16-2016 (auch bekannt als „Project Double Barrel“), welche die Basis für die Operationalisierung der umstrittenen „Oplan-Tokhang“-Methode („anklopfen und bitten“) bildet, bisher nicht außer Kraft gesetzt hat. Die Dokumentation von drogenbezogenen Tötungsfälle durch das Dahas-Projekt der University of the Philippines würde zeigen, wie Carlos Conde von Human Rights Watch erklärte, dass die Marcos Jr. Regierung dem „Krieg gegen die Drogen“ von Ex-Präsident Duterte kein Ende bereitet hat. Der Erfolg einer solchen Kampagne solle laut Conde nicht nur an der Abwesenheit von Gewalt, sondern vor allem an der Übernahme der Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen gemessen werden.

Laut Dahas Dokumentationen kam es seit dem Amtsantritt von Marcos Jr. zu 748 drogenbezogenen Tötungen (Stand: 12. August 2024). Eine Analyse von Asiatimes zufolge zeige die fehlende offizielle Regierungsstatistik zu drogenbezogenen Tötungen ein „Transparenzproblem“ auf, was dadurch den Anschein macht, es gäbe keine Tötungen unter der aktuellen Regierung. Marcos Jr. versäumte es zudem, die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in seiner SONA zu benennen. Eine Zusammenarbeit der Regierung mit dem IStGH wird von zivilgesellschaftlichen Gruppen als wichtiger Schritt betrachtet, um politischen Willen zu zeigen, sich von den Menschenrechtsverletzungen unter Ex-Präsident Duterte zu distanzieren.

Auch das Thema Pressefreiheit hat Marcos Jr. in seiner SONA nicht erwähnt. Angesichts der unaufgeklärten außergerichtlichen Hinrichtungen an Journalist:innen und der zunehmenden Angriffe auf die Presse forderten Medien- und Menschenrechtsgruppen wie die National Union of Journalists of the Philippines und das Center for Media Freedom and Responsibility den Präsidenten auf, konkrete Maßnahmen zum Schutz von Journalist:innen und der Pressefreiheit zu ergreifen, wie zum Beispiel die Entkriminalisierung von Verleumdung und die Verabschiedung eines Gesetzes zur Informationsfreiheit (Freedom of Information Act).

Anlässlich der PNP-Jubiläumsfeier am 9. August 2024 erklärte Marcos Jr., dass Polizeioperationen nun „so human, wahrheitsgemäß und unblutig wie möglich“ seien.

 

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