Der Internationale Gerichtshof (IStGH) verkündete am 18. November 2021 die Untersuchung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorübergehend zu stoppen – nur zwei Monate nach dem Beginn der Ermittlungen. Durch den philippinischen Botschafter in den Niederlanden, Eduardo Malaya, erfolgte ein Antrag auf Verschiebung der Untersuchung, da das nationale Rechtssystem ausreichend funktionieren würde. Dies wird insbesondere mit den anhaltenden Überprüfungen von Todesfällen während Polizeieinsätzen durch das philippinische Justizministerium (DOJ) begründet. Das DOJ veröffentlichte im Oktober Informationen und Analysen zu 52 Fällen.
In seiner Stellungnahme sagte der amtierende IStGH-Chefkläger Karim Khan, dass die philippinische Regierung zeitnah Informationen einreichen müsse „greifbare, aussagekräftige und hinreichend spezifische Beweise, aus denen hervorgeht, dass konkrete und fortschreitende Ermittlungsschritte unternommen wurden oder derzeit unternommen werden.“ Während der Unterbrechung wird das IStGH nicht nur vorhandene und weiter eingehende Informationen weiter analysieren, sondern besonders auf die Sicherheit und das Wohlergehen von Opfern und Zeug*innen achten.
Der Aufschrei über die Entscheidung des IStGHs ist groß. In einem Brief an den IStGH fordern betroffene Familien des sogenannten Krieges gegen die Drogen die Wiederaufnahme der Ermittlung und sagen, dass die Unterbrechung lediglich das Ziel hat, das Verfahren zu verzögern und zu behindern. Sie widersprechen der Argumentation der Regierung, dass das nationale Rechtssystem fähig oder willig sei, die Verbrechen im sogenannten Krieg gegen die Drogen aufzuklären. Unter anderem kritisieren die Verfasser*innen die Untersuchungen des Justizministeriums (DOJ) der lediglich 52 von schätzungsweise 30.000 Fällen als unzureichend. Die Fälle werden außerdem nicht in ihrem Kontext als systematische staatliche Verbrechen betrachtet. Hinzu kommt, dass die philippinische Regierung nicht gegen hochrangige mutmaßliche Täter ermittelt, wie beispielsweise gegen den Präsidenten selbst.
Der Vorsitzende der International Coalition for Human Rights in the Philippines (ICHRP), Peter Murphy äußert sich enttäuscht: „Jede Aussetzung oder Verzögerung ist ein absoluter Vertrauensbruch für all die mutigen Personen, die unter großem persönlichen Risiko Beweise und Zeugenaussagen zu diesen mutmaßlichen Verbrechen geliefert haben.“ Auch die Menschenrechtsgruppen Free Legal Assistance Group (FLAG), National Union of Peoples’ Lawyers (NUPL), CenterLaw oder Human Rights Watch äußerten ihre Bestürzungen.
Zur vorangegangenen Entscheidung des IStGHs, Ermittlungen aufzunehmen sowie zu den weiteren Entwicklungen berichteten das Aktionsbündnis Menschenrechte – Philippinen.
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