Obwohl es scheint, dass die Anti-Drogen-Kampagne der philippinischen Regierung unter Präsident Ferdinand Marcos Jr. an medialer Aufmerksamkeit verloren hat, finden weiterhin Tötungen statt – auch im Rahmen von Einsätzen staatlicher Sicherheitskräfte. Dies unterstreicht die Dokumentation von drogen-bezogenen Tötungen durch das Projekt DAHAS der University of the Philippines: Am 21. November 2023 berichtete DAHAS von 472 drogen-bezogenen Tötungen seit Präsident Marcos‘ Amtsantritt am 30. Juni 2022. Ein Großteil dieser Tötungen sind von staatlichen Sicherheitskräften verübt worden, insbesondere in der von Paolo Duterte geleiteten Stadt Davao City.
DAHAS‘ Statistik steht jedoch im Widerspruch zur kürzlichen Aussage des Abgeordneten Robert Ace Barbers. In einer Sitzung des Ausschuss für gefährliche Drogen des philippinischen Repräsentant:innenhauses am 9. Oktober 2023 habe Barbers die Anti-Drogen-Kampagne der Regierung als „blutlos“ bezeichnet. Die Abgeordnete Janette Garin unterstütze eine Woche später Barbers‘ umstrittene Aussage in einem Statement vom 15. Oktober 2023, worin sie Präsident Marcos‘ Drogenpolitik als effizient und human beschrieb.
Der Generaldirektor der philippinischen Drogenbekämpfungsbehörde (Philippine Drug Enforcement Agency/PDEA) Moro Virgilio Lazo präsentierte zudem in der Sitzung vom 9. Oktober 2023 aktuelle Statistiken und betonte, dass sich die Anzahl von drogen-bezogenen Tötungen in PDEA-Einsätzen um 52% reduziert haben. Dabei sei laut PDEA die Zahl von 40 Toten im Zeitraum 2020-2021 auf 19 Tote zwischen Juli 2022 und September 2023 gerutscht. Weder die Tatsache, dass Tötungen weiterhin stattfinden, wurde in der Sitzung adressiert, noch nach weiteren, aktuellen Statistiken drogen-bezogener Tötungen im Rahmen von Einsätzen der Nationalpolizei oder anderen Regierungsbehörden gefragt.
Bereits im Oktober 2022, verkündete der Chef der philippinischen Nationalpolizei (Philippine National Police/PNP), General Rodolfo Azurin Jr., dass es zu keinen Tötungen bei Polizeieinsätzen im Rahmen der Anti-Drogen-Kampagne der Regierung kam. Als Azurin im Februar 2023 von lediglich vier Tötungen in drogen-bezogenen Polizeieinsätzen im Monat Januar 2023 sprach, dokumentierte DAHAS für denselben Zeitraum 20 drogen-bezogene Tötungen.
Infolge einer Anfrage zur Informationsfreiheit des Online-Nachrichtenoutlets Rappler räumte die PNP ein, dass es zu sieben Tötungen bei drogen-bezogenen Polizeieinsätzen im Zeitraum Juni 2022 und April 2023 kam. DAHAS‘ Dokumentation verzeichnete jedoch bereits über 100 drogen-bezogene Tötungen für den gleichen Zeitraum.
Der politische Wille von Präsident Marcos, den Strafverfolgungsansatz der Anti-Drogen-Kampagne tatsächlich zu beenden, ist nach wie vor schwach, wenn man bedenkt, dass das Polizei-Rundschreiben, das den so genannten „Krieg gegen die Drogen” von Ex-Präsident Duterte operationalisiert hat, immer noch in Kraft ist und drogenbedingte Tötungen in einem stetigen Tempo weitergehen.
Foto © Raffy Lerma