Wie Dutertes IStGH-Verhaftung die philippinischen Zwischenwahlen beeinflusst

Die jüngste Verhaftung des ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und seine Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nach Den Haag im März 2025 hat die Bedeutung der Zwischenwahlen, die am 12. Mai 2025 in den Philippinen stattfinden werden, in einem instabilen politischen Klima erhöht. Analyst:innen zufolge könnte diese Entwicklung die politische Landschaft erheblich verändern, zumal sich die Machtkämpfe zwischen zwei der einflussreichsten Dynastien des Landes – den Dutertes und den Marcos – verschärfen.

Präsident Ferdinand Marcos Jr., der die politischen Schlüsselpositionen innehat, unterstützt eine komplette Senatskandidatur, während die Dutertes ihre Macht in Davao City konsolidieren, wo Rodrigo Duterte für das Bürgermeister:innenamt kandidiert und seine Söhne sich um wichtige lokale Posten bewerben. Seine Tochter, Sara Duterte, gilt als Spitzenkandidatin für die Präsidentschaftswahlen 2028. Mögliche Strafanzeigen gegen sie und ein Amtsenthebungsverfahren könnten die Vizepräsidentin jedoch disqualifizieren, wenn sie verurteilt wird.

Der Politologe Jean Franco glaubt, dass das Marcos-Lager seine Anstrengungen zur Unterwerfung der Duterte-Dynastie verdoppeln könnte, da es sich vor Dutertes möglicher Rache fürchtet.

Die Entscheidung von Marcos Jr., den Haftbefehl des IStGH anzuerkennen, hat zu Spannungen mit Duterte-Loyalist:innen geführt, die diesen Schritt als Verrat ansehen. Die sich daraus ergebende Kluft droht die Regierungskoalition zu spalten und könnte politische Kandidat:innen dazu zwingen, sich zwischen der Unterstützung von Dutertes Basis oder der Anlehnung an Marcos Jr.‘s breiteres politisches Netzwerk zu entscheiden.

Beobachter:innen sagen, dass die Verhaftung von Rodrigo Duterte durch den IStGH seinen Anhänger:innen vor den Wahlen im Jahr 2025 Auftrieb gegeben hat und seine Inhaftierung zu einem Grund für Mobilisierungen für diejenigen geworden ist, die darin einen Akt der ausländischen Einmischung und politischen Verfolgung sehen.

Tausende von Dutertes Anhänger:innen überschwemmten die Straßen von Davao City an seinem 80. Geburtstag am 28. März 2025 und forderten seine Rückkehr in die Philippinen aus dem Gewahrsam des IStGH. Am selben Tag versammelten sich Hunderte von Übersee-Filipin@s vor dem IStGH-Gefängnis in Den Haag, um Dutertes Geburtstag zu feiern – viele von ihnen reisten aus Belgien, Frankreich, Deutschland, Irland, dem Vereinigten Königreich, Finnland, Schweden und den Vereinigten Arabischen Emiraten an.

Auf die Frage nach den Tötungen im Zusammenhang mit Dutertes Anti-Drogen-Kampagne bezeichneten seine Anhänger:innen diese als bloße „Opfer“ dessen, was sie als „Krieg“ gegen illegale Drogen bezeichneten. Solche Tötungen von Drogenabhängigen seien „gerechtfertigt“.

Die philippinische Drogenbekämpfungsbehörde (Philippine Drug Enforcement Agency/PDEA) berichtete, dass während der Amtszeit von Duterte vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Mai 2022 mehr als 6.000 Menschen bei Polizeieinsätzen zur Drogenbekämpfung getötet wurden. In dieser Zahl nicht enthalten sind die von nicht identifizierten Täter:innen getöteten Menschen, deren Zahl die Menschenrechtskommission für die Jahre 2016 bis 2017 auf 27.000 bis 30.000 schätzte.

Solche Tötungen könnten geschehen sein, „aber wir wissen nicht alles“, sagte eine Filipina aus Den Haag, die von Rappler interviewt wurde. Ein anderer Duterte-Anhänger sagte, dass die Filipinos manchmal mit eiserner Faust regiert werden müssten. „Man braucht die richtige Person in der Regierung, damit die Filipin@s gehorchen“. Ein anderer meinte, Dutertes Rhetorik der Gewalt gegen Drogensüchtige und Dealer hätte nicht wörtlich genommen werden dürfen. „Wenn er ‚töten‘ sagt, heißt das nicht, dass er das auch wirklich meint. Das ist nur eine Redewendung“, sagte er.

Die Philippinen waren sicherer, als Duterte an der Macht war, sagte eine andere Filipina, die an Dutertes Feier in Den Haag teilnahm. „Bei uns in Negros sind die Drogensüchtigen und Dealer:innen während der Amtszeit von Präsident Duterte wirklich verschwunden“, erklärte sie weiter.

Menschenrechtsorganisationen berichten jedoch, dass die meisten der im Rahmen von Dutertes „Krieg gegen die Drogen“ Getöteten aus verarmten Vierteln waren und dass ihre Familien durch die Morde sowohl mit emotionaler Verwüstung als auch mit finanzieller Not zu kämpfen hatten.

Bei einer Demonstration in Berlin am 23. März 2025 wurde Dutertes Festnahme und Inhaftierung von Aktivist:innengruppen wie der Internationalen Koalition für Menschenrechte in den Philippinen (ICHRP) und Gabriela Deutschland gefeiert. Die Demonstrant:innen wiesen darauf hin, dass die Verhaftung Dutertes das Ergebnis jahrelanger unermüdlicher Bemühungen von Menschenrechtsverteidiger:innen, Familien von Opfern und internationalen juristischen Gremien war.

Während der Eröffnungszeremonie des Duterte Panagutin Europe Network (DPEN) am 28. März in Den Haag betonte Kristina Conti, eine der stellvertretenden Anwält:innen der Familien von Menschen, die im Rahmen von Dutertes Anti-Drogen-Kampagne getötet wurden, dass, egal wie viele dem ehemaligen Präsidenten applaudieren, „was zählt, sind die Fakten, und was er getan hat, wird niemals richtig sein“. Eine Umfrage der Social Weather Stations (SWS), durchgeführt vom 15. bis 19. Februar 2025 durchgeführt, ergab, dass 51 Prozent der Filipin@s der Meinung sind, Duterte muss für die drogenbezogenen Tötungen während seiner Präsidentschaft zur Verantwortung gezogen werden.

Die anfänglichen Erfolge der früheren Regierung bei der Eindämmung des illegalen Drogenkonsums wurden von einer weit verbreiteten öffentlichen Verurteilung der tödlichen Taktiken überschattet, die zur Umsetzung von Dutertes Agenda eingesetzt wurden. Im Dezember 2018 waren 95 Prozent der Öffentlichkeit der Meinung, dass es für die Polizei wichtig sei, Drogenverdächtige lebendig festzunehmen.

SWS-Präsident Mangahas sagte, dass der frühere Präsident während seiner Amtszeit zwar sehr beliebt war, aber „die öffentliche Meinung über Dutertes ‚Krieg gegen die Drogen‘ war durchweg ungünstig für ihn.“ Drei von vier Filipinos waren besorgt, selbst Opfer zu werden. Dies könnte erklären, warum die von Präsident Marcos Jr. unterstützten Kandidat:innen bei den bevorstehenden Wahlen im Mai neun der 12 zu vergebenden Senatssitze gewinnen dürften.

 

Foto © Emmalyn Liwag Kotte

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