In ihrem World Report 2025 betonte Human Rights Watch (HRW), dass der philippinische Präsident Marcos Jr. „im Jahr 2024 einige Verbesserungen im Bereich der Menschenrechte einleitete, es aber versäumte, vergangene und andauernde Menschenrechtsverletzungen anzugehen.“
Drogenbezogene und außergerichtliche Tötungen im Zusammenhang mit dem sogenannten „Krieg gegen die Drogen“, den der frühere Präsident Rodrigo Duterte 2016 begonnen hatte, wurden auch unter der jetzigen Regierung fortgesetzt. Die Zahl der Todesopfer ist nach wie vor beunruhigend hoch: Bis zum 7. Februar 2025 verzeichnete das Projekt Dahas der Universität der Philippinen 899 drogenbezogene Tötungen. Der Dahas-Bericht für das Jahr 2024 verzeichnete einen Anstieg der drogenbezogenen Tötungen um 10 % im Jahr 2024. HRW stellte in ihrem Bericht fest, dass auf der Grundlage der Dahas-Daten allein im Zeitraum von Januar bis Mitte November 2024 die Polizei und nicht identifizierte Täter:innen 332 Drogenverdächtige in den Philippinen getötet haben.
Statistiken zeigen auch, dass die Polizei und die philippinische Drogenbekämpfungsbehörde (Philippine Drug Enforcement Agency/PDEA) fast doppelt so viele Kleinverdächtige im Drogengeschäft getötet haben wie hochrangige Zielpersonen. Die meisten Opfer der dokumentierten drogenbezogenen Tötungen im Jahr 2024 waren Dealer:innen und Personen mit Drogenvorstrafen.
Trotz der öffentlichen Zusage von Marcos Jr., außergerichtliche Hinrichtungen zu untersuchen, wurde bisher kaum Rechenschaft über die Gewalt abgelegt, die weiterhin Menschenleben fordert. Seit 2016 kam es nur zu vier Verurteilungen von Polizeibeamten wegen ihrer Beteiligung an drogenbezogenen Tötungen. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) untersucht weiterhin mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem „Krieg gegen die Drogen“, aber die Marcos Jr. Regierung hat sich bisher geweigert, mit dem IStGH vollumfänglich zusammenzuarbeiten, was die Bemühungen um Gerechtigkeit erschwert.
Neben der anhaltenden Gewalt im Zusammenhang mit dem „Krieg gegen die Drogen“ sind Menschenrechtsaktivist:innen weiterhin Schikanen ausgesetzt, insbesondere durch das sogenannte „Red-tagging“ (d. h. das Brandmarken von Personen oder Organisationen als „terroristisch“). Im Jahr 2024 gab es mehrere Fälle von Schikanen, fabrizierten Anklagen (insbesondere wegen angeblicher Terrorismusfinanzierung) und gewaltsamem Verschwindenlassen. Menschenrechtsgruppen berichteten über vier neue Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen im Jahr 2024, was die anhaltende Gefahr für diejenigen verdeutlicht, die die Politik der Regierung in Frage stellen.
Trotz der Beteuerungen von Präsident Marcos Jr., er wolle sich der Menschenrechtsproblematik annehmen, lässt der Mangel an sinnvollen Maßnahmen in Schlüsselbereichen viel zu wünschen übrig. HRW betonte die Notwendigkeit bedeutender Reformen bei der Strafverfolgung und die Notwendigkeit, dass die Regierung ihre Versprechen zum Schutz der Rechte der Filipin@s einhält. In vielen philippinischen Städten und Provinzen liegt die Strafverfolgung jedoch in den Händen mächtiger politischer Dynastien. Es wird berichtet, dass sie Einfluss auf die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Justizbehörden nehmen. Wie diese Familien dringend benötigte Reformen blockieren, wird in einem aktuellen Bericht des Philippine Center for Investigative Journalism (PCIJ) erläutert.
Mindestens 113 der 149 Bürgermeister des Landes gehören zu politischen Dynastien, und die meisten von ihnen streben eine Wiederwahl an, so der PCIJ-Bericht. “Politische Dynastien sind nicht gut für die philippinische Demokratie,“ sagte Dean Dulay, ein Professor für Politikwissenschaften an der Singapore Management University. „Leute, die über viele Ressourcen verfügen, die viel Macht haben und daran interessiert sind, die lokale Politik zu ihrem eigenen Vorteil zu dominieren, gewinnen“, bemerkte er. Andere Kritiker:innen sind besorgt über die Dominanz politischer Dynastien in der lokalen Verwaltung, insbesondere darüber, wie sie die Rechenschaftspflicht behindern und Straffreiheit aufrechterhalten.
Ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung politischer Dynastien (Anti-Political Dynasty Act), der vor fast 30 Jahren im Repräsentant:innenhaus eingebracht wurde, wird von einigen als langfristige Lösung angesehen. Die Befürworterin politischer Reformen, Eirene Aguila, räumt jedoch ein, dass die Verabschiedung des Gesetzes mit Problemen verbunden ist. „Die Abgeordneten werden nichts tun, was ihren persönlichen und individuellen Interessen schadet“, sagte sie.
Foto © Raffy Lerma