Kurz vor seinem Staatsbesuch in Australien Ende Februar 2024 erklärte Präsident Ferdinand Marcos Jr., dass er beabsichtigt, eine nationale Abstimmung zur geplanten Änderung der Verfassung des Landes parallel zu den Zwischenwahlen im Mai 2025 abzuhalten. Diese Verfassungsänderung zielt darauf ab, ausländische Investor:innen anzulocken und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. In einem Interview betonte Präsident Marcos Jr., dass die bis dato unveränderte Verfassung von 1987, die nach der Vertreibung seines Diktator-Vaters, Marcos Sr., in Kraft getreten ist, „nicht für eine globalisierte Welt geschrieben wurde“. Die „Cha-Cha“ – wie Verfassungsänderungen in den Philippinen auch genannt werden – ist höchst umstritten, da Marcos Sr. seine von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägte Amtszeit durch eine Verfassungsänderung verlängerte.
Seit seinem Amtsantritt im Juni 2022 versucht Präsident Marcos Jr., die Diktatur seines Vaters in ein positives Licht zu rücken und seine Familiengeschichte umzuschreiben. Bereits im September 2023 beschloss das Bildungsministerium die Streichung des Namens „Marcos” im Lehrplan der 6. Klassen, wo die Zeit des Kriegsrechts (1972-1986) unter Marcos Sr. nur mehr als „Diktatur“ bezeichnet wird. Zudem strich die Marcos-Regierung im Oktober 2023 den Jahrestag der „People Power Revolution“ (Epifanio de los Santos Avenue/EDSA) am 25. Februar aus dem Feiertagskalender. Dadurch wurde zum ersten Mal seit 38 Jahren die gewaltlose Bürgerprotestbewegung in den Philippinen, die vom 22. bis 25. Februar 1986 zum Sturz des Diktators Marcos Sr. führte, offiziell nicht gefeiert.
Trotz des fehlenden EDSA People Power-Jubiläums feierten viele zivilgesellschaftliche Organisationen am 25. Februar 2024 den Sturz von zwei Jahrzehnten Diktatur und protestierten gegen Marcos Jr.’s “Cha-Cha”. Zivilgesellschaftliche Gruppen befürchten, dass die geplante Verfassungsänderung eine Bedrohung für die Demokratie und die Menschenrechte darstellen wird.
Aktuell ist die Opposition im Senat mit Risa Hontiveros schwach aufgestellt. Ex-Senatorin und Sprecherin der Liberalen Partei, Leila de Lima, nannte am 22. Februar 2024 einige Senatskandidat:innen der Opposition für die Zwischenwahlen im nächsten Jahr. Unter den Kandidat:innen befanden sich die ehemaligen Senatoren Kiko Pangilinan und Bam Aquino sowie der Menschenrechtsanwalt Chel Diokno. Leni Robredo, die ehemalige Vizepräsidentin der Philippinen, ist nach wie vor offen dafür, ebenfalls bei den Wahlen 2025 für die Opposition zu kandidieren.
Obwohl die Verfassung von 1987 politische Dynastien verbietet, nimmt der Einfluss der Marcos-Familie in der philippinischen Politik weiter zu. Aktuell sind mindestens 16 Personen, die mit der Marcos-Familie verwandt sind, in den Kammern des Senats und des Repräsentant:innenhauses wie auch auf Lokalregierungsebene vertreten.
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