US-Sanktionen bedrohen die Existenz des IStGH

US-Präsident Donald Trump hat am 6. Februar 2025 weitreichende Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und seinen Chefankläger Karim Khan verhängt. Die Sanktionen, die darauf abzielen, die Ermittlungen des Gerichtshofs gegen amerikanische und verbündete Staatsangehörige zu blockieren, haben in der internationalen Gemeinschaft scharfe Kritik hervorgerufen, wobei Rechtsexpert:innen und Menschenrechtsgruppen davor warnen, dass sie eine ernsthafte Bedrohung für das globale Justizsystem darstellen.

Diese Sanktionen kommen zu einer Zeit, in der der IStGH mit einem historischen Erfolg Schlagzeilen macht: der Verhaftung des ehemaligen philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte am 11. März 2025. Nur fünf Tage nach Ausstellung eines Haftbefehls wurde Duterte festgenommen und nach Den Haag überstellt. Damit ist er das erste ehemalige asiatische Staatsoberhaupt, das sich vor dem Gerichtshof verantworten muss. Seine Anklage steht im Zusammenhang mit weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen während seines gewaltsamen sogenannten „Krieges gegen die Drogen“, der nach Schätzungen der philippinischen Menschenrechtskommission zu mindestens 27.000 außergerichtlichen Tötungen geführt hat.

Trumps Durchführungsverordnung erlaubt es den USA, Vermögenswerte einzufrieren und Reiseverbote für alle nicht-amerikanischen Personen zu verhängen, die Ermittlungen des IStGH gegen US-Bürger:innen, Militärangehörige oder enge Verbündete – darunter Israel und die Philippinen – unterstützen, ohne dass diese Länder zustimmen. Bislang wurde der IStGH-Ankläger Karim Khan sanktioniert, andere sind möglicherweise gefährdet.

Diese Strafmaßnahmen werden weithin als Vergeltung für die Ermittlungen des IStGH wegen angeblicher Kriegsverbrechen in Palästina und der Ukraine angesehen. Gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, den Verteidigungsminister Yoav Gallant und den russischen Präsidenten Wladimir Putin – die alle die Zuständigkeit des IStGH nicht anerkennen – wurden Haftbefehle erlassen.

Die US-Sanktionen stellen eine existenzielle Bedrohung für den IStGH dar. Insbesondere die finanziellen Einschränkungen werden den IStGH und seine laufenden Ermittlungen zu Kriegsverbrechen untergraben, wie UN-Experten in einer Erklärung betonten. Dies kann sich auch auf laufende Verfahren wie das gegen Duterte auswirken.

Die internationale Gegenreaktion gegen die US-Sanktionen erfolgte schnell. Mehr als 150 Nichtregierungsorganisationen, die von der Koalition für den Internationalen Strafgerichtshof koordiniert werden, gaben im Januar 2025 eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie den Schritt verurteilten. Sie erklären, dass die Sanktionen die Bemühungen des IStGH untergraben, die Gerechtigkeit für die Opfer behindern und die internationale Zusammenarbeit behindern könnten.

Die Europäische Union und Dutzende von IStGH-Mitgliedsstaaten haben ihre „unerschütterliche Unterstützung“ für den Gerichtshof zum Ausdruck gebracht. Im Februar 2025 bekräftigten 79 Mitgliedstaaten ihr Engagement für die Bekämpfung der Straflosigkeit und den Schutz der Unabhängigkeit des Gerichtshofs vor politischer Einflussnahme.

Rechtsexpert:innen haben die Verabschiedung von Schutzgesetzen – wie der EU Blocking Verordnung – gefordert, um IStGH-Beamt:innen und Akteur:innen der Zivilgesellschaft vor Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Dies war auch eine der Hauptforderungen in einer Erklärung von Human Rights Watch und einer Reihe von unterstützenden Organisationen, die am 4. April 2025 veröffentlicht wurde. Sie betonten auch, dass mehrere IStGH-Mitglieder, darunter die Mongolei, Südafrika, Italien und zuletzt Ungarn, ihre Verpflichtung gegenüber dem IStGH zur Umsetzung von Haftbefehlen verletzt und damit den Ruf des Gerichtshofs geschwächt haben. Dies erinnert an die strukturellen Schwachstellen des Gerichtshofs. Seit seiner Gründung im Jahr 2002 hat der IStGH 56 Haftbefehle ausgestellt, aber weniger als die Hälfte wurden vollstreckt.

Vor diesem Hintergrund stellt die Verhaftung Dutertes einen wichtigen Schritt in Richtung Rechenschaftspflicht für Tausende von Opfern und Familien dar, die seit langem Gerechtigkeit für die außergerichtlichen Hinrichtungen im Rahmen seiner Anti-Drogen-Kampagne fordern.

 

Foto Ⓒ Internationaler Strafgerichtshof

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