Nach über 3 Jahren in Haft ist der Menschenrechtsverteidiger Temogen „Cocoy“ Tulawie heute freigesprochen worden. Er war angeklagt, im Jahr 2009 einen Bombenanschlag auf den damaligen Gouverneur der Provinz Sulu, Abdulsakar Tan, verübt zu haben. Tulawie bestritt diese Anschuldigungen gegen ihn von Anfang an. Als Menschenrechtsaktivist hatte er etliche Menschenrechtsverletzungen der Lokalregierung unter Tan aufgedeckt, darunter die Massenvergewaltigung von Frauen und Mädchen, begangen von Söhnen prominenter Politiker und ihrer paramilitärischen Schutztruppen. Die Vermutung liegt also nahe, dass Tan Tulawie mit einer konstruierten Anklage aus dem Weg schaffen wollte.
Obwohl mehrere Zeugen belegen, dass Tulawie am Tatzeitpunkt nicht vor Ort war und zwei Belastungszeugen ihre Aussagen zurückziehen und zugeben, zur Falschaussage gezwungen worden zu sein, kommt es schließlich zur Anklageerhebung. Später wird bekannt, dass der letzte verbleibende Zeuge gegen Tulawie, ein bekennendes Mitglied der islamistischen Terrororganisation Abu Sayaf, selbst im Rahmen eines Rehabilitationsprogramms aus dem Gefängnis entlassen wurde. Dies könnte als Belohnung für seine Gefälligkeitsaussage und auf Anordnung von Tan geschehen sein.
Dass es trotz dieser Unstimmigkeiten und schwachen Beweislage mehrere Jahre dauert, Tulawie freizusprechen, zeigt die mangelnde Unabhängigkeit der philippinischen Justiz. Die Drahtzieher konstruierter Anklagen machen sich das dysfunktionalye Justizsystem mit seinen lang währenden Prozessen zunutze. Dabei bleiben auch offensichtlich Unschuldige oft für mehrere Jahre in Untersuchungshaft. Wie im Fall Tulawie werden konstruierte Anklagen in den Philippinen deshalb von Politikern und Militär strategisch eingesetzt, um Menschenrechtsverteidiger mundtot zu machen