IStGH verweigert vorläufige Freilassung, bestätigt Zuständigkeit im Fall

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat den Antrag des ehemaligen philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte auf vorläufige Freilassung abgelehnt und seine weitere Inhaftierung in Den Haag angeordnet. Duterte muss sich wegen drei Fällen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit seinem sogenannten „Krieg gegen die Drogen“ verantworten.

Die Richter des IStGH verwiesen auf die Fluchtgefahr, die Einschüchterung von Zeug:innen und die Gefahr der Wiederholungstaten und erklärten, Dutertes politischer Einfluss und seine anhaltende Ablehnung der Autorität des Gerichts rechtfertigten seine Inhaftierung. Das Gericht wies humanitäre Bitten zurück und stellte fest, dass er weiterhin das Recht auf Besuche und Kommunikation mit Familienangehörigen habe.

Dutertes Anwälte argumentierten, der 80-jährige ehemalige Staatschef sei aufgrund seines kognitiven Verfalls medizinisch nicht verhandlungsfähig. Der IStGH ordnete unabhängige neuropsychologische und psychiatrische Untersuchungen an, um seine Verhandlungsfähigkeit zu beurteilen. Die ursprünglich für September 2025 angesetzte Anhörung zur Bestätigung der Anklage wurde bis zum Vorliegen der Ergebnisse verschoben.

Die Staatsanwälte des IStGH unter der Leitung der stellvertretenden Staatsanwältin Mame Mandiaye Niang werfen Duterte drei Fälle von Massenmord wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, die er während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Davao City und als Präsident begangen haben soll.

Die Anklage umfasst drei Vorfälle: (i) die Ermordung von 19 Menschen in Davao City zwischen 2013 und 2016; (ii) die Tötung von 14 „hochrangigen Zielpersonen” während seiner Präsidentschaft von 2016 bis 2017; und (iii) Mord und versuchter Mord an 45 Menschen bei Operationen auf Barangay*-Ebene von 2016 bis 2018.

Der IStGH stuft solche Handlungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein, wenn sie Teil eines weit verbreiteten oder systematischen Angriffs auf Zivilist:innen sind.

In einem Urteil vom 23. Oktober 2025 bestätigten die Richterinnen Julia Motoc, Reine Alapini-Gansou und María del Socorro Flores Liera die Zuständigkeit des Gerichtshofs für den Fall und wiesen Dutertes Behauptung zurück, dass der Austritt der Philippinen aus dem Römischen Statut im Jahr 2019 die Zuständigkeit des IStGH aufgehoben habe.

Die Richter des IStGH erklärten, dass die Ermittlungen 2018 begonnen hätten, also bevor der Austritt wirksam wurde, sodass das Verfahren gemäß Artikel 127 des Statuts gültig sei. Das Urteil ebnet den Weg für eine mögliche vollständige Verhandlung, sobald die medizinische Untersuchung von Duterte abgeschlossen ist.

Dutertes Anwalt Nicholas Kaufman hatte zuvor gegenüber dem IStGH erklärt, die Marcos-Regierung habe „keine Einwände” gegen seine vorläufige Freilassung, und verwies dabei auf eine Erklärung der Pressesprecherin des Präsidentenpalasts, Claire Castro.

Castro stellte später klar, dass ihre Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien, und warf Kaufman vor, „die Tatsachen verdreht“ zu haben. Justizminister Jesus Crispin Remulla erklärte, eine vorläufige Freilassung sei „nicht angemessen“, und fügte hinzu, dass Duterte in den Niederlanden eine angemessene medizinische Versorgung erhalten könne.

Der philippinische Senat hatte zuvor die Resolution Nr. 144 verabschiedet, in der der IStGH aufgefordert wurde, Duterte aus humanitären Gründen unter Hausarrest zu stellen. Die Resolution wurde mit 15 zu 3 Stimmen bei zwei Enthaltungen verabschiedet, hat jedoch keine rechtliche Wirkung, da der IStGH die volle Gerichtsbarkeit besitzt.

Menschenrechtsgruppen kritisierten die Resolution als Versuch, Duterte vor der Rechenschaftspflicht zu schützen, und sagten, sie zeige, dass das Justizsystem weiterhin „hart gegenüber den Armen, aber nachsichtig gegenüber den Mächtigen“ sei.

Familienangehörige von Opfern des Drogenkriegs und Menschenrechtsaktivist:innen begrüßten die Entscheidung des IStGH, Duterte in Haft zu behalten, und bezeichneten dies als einen Schritt in Richtung Gerechtigkeit nach jahrelangen Verzögerungen. Sie forderten das Gericht auf, die Anklage auf Folter und illegale Inhaftierung auszuweiten.

Menschenrechtsgruppen schätzen, dass bis zu 30.000 Menschen bei Dutertes Kampagne gegen illegale Drogen getötet wurden, während offizielle Polizeizahlen über 6.000 Todesfälle ausweisen.

Trotz seiner Inhaftierung bleibt Duterte eine mächtige politische Persönlichkeit. Seine Tochter, Vizepräsidentin Sara Duterte, warf dem IStGH vor, ihren Vater „entführt” zu haben, und behauptete, ein anderes Land habe angeboten, ihn aufzunehmen, falls er freigelassen würde.

 

* Eine „Barangay“ ist die unterste politische Verwaltungseinheit der Philippinen.

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