Zara Alvarez

Zara Reboton Alvarez war eine engagierte und namenhafte Menschenrechtsverteidigerin, Community Organizer, Lehrerin und alleinerziehende Mutter eines minderjährigen Kindes. Vor allem in ihrer Heimat, der Insel Negros, unterstützte Alvarez landlose Bäuer:innen und Landarbeiter:innen dabei, ihre Rechte geltend zu machen. Sie war Generalsekretärin (2002-2004) und Vorsitzende der Jugendorganisation Anak Bayan-Negros, Koordinatorin der Student:innenorganisation College Editors Guild of the Philippines (CEGP), stellvertretende Generalsekretärin der linken Dachorganisation Bayan Negros sowie Kampagnen- und Bildungsbeauftragte für die Menschenrechtsorganisation Karapatan-Negros. Außerdem war Alvarez mit der Recherche und Interessenvertretung im regionalen Gesundheits- und Entwicklungsprogramm Negros Island Health Integrated Program for Community Development (NIHIPCD) betraut.

Bereits im Jahre 2004, während der Amtszeit von Ex-Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo, wurde Alvarez zur Zielscheibe einer Verleumdungskampagne des Militärs, die sie bei öffentlichen Veranstaltungen und in einer Sendung des Militärradios als kommunistische Terroristin bezeichnete. Sie erhielt Droh-SMS (z.B. „Wir beobachten dich“) und ihre täglichen Aktivitäten wurden überwacht. Aufgrund ihrer umfassenden Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen wurden Alvarez zusammen mit ihren Kollegen Fred Caña und Felipe Levy Gelle zur Persona non grata 2008 in der Stadt Guihulngan City erklärt.

Die Verleumdungskampagne und Belästigungen gegen Zara Alvarez kulminieren schließlich in ihrer unrechtmäßigen Verhaftung am 30. Oktober 2012 in Cadiz City, ihrer Heimatstadt. Alvarez war mit zwei konstruierten Anklagen konfrontiert: Das Militär bezichtigte sie, ein Mitglied der kommunistischen Rebellengruppe, die New People’s Army (NPA), zu sein, und klagte sie anhand gefälschter Beweise wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes und Raubes an.

Als vermeintliches NPA-Mitglied soll Alvarez an der Ermordung des Leutnants Archie Polenzo beteiligt gewesen sein, welcher am 7. März 2010 in einem Gefecht mit mutmaßlichen NPA-Mitgliedern zu Tode kam. 43 Individuen – die meisten davon waren Menschenrechtsverteidiger:innen oder politische Aktivist:innen aus Negros – wurden in Verbindung mit Polenzos Tod angeklagt; 22 von ihnen, wie auch Alvarez, wurden durch das sogenannte John/Jane Doe-Verfahren nachträglich zur Anklageschrift hinzugefügt. Dieser Anklagezusatz beruht auf der Zeugenaussage eines angeblichen Ex-Rebellen, der an dem bewaffneten Zusammenstoß teilgenommen haben soll.

Erst fünf Monate nach ihrer Verhaftung erfuhr die bereits inhaftierte Alvarez von der zweiten konstruierten Anklage wegen eines Raubes durch vermeintliche NPA-Mitglieder in einer Fischfarm. Ein Monat später erhielt sie eine Warnung durch das Militär, dass ihr zusätzliche Anklagen und Belastungszeugen bevorstünden, wenn sie nicht mit dem Militär kooperiere. 

Im Oktober 2013 stellte Alvarez einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution. Ihrem Antrag wurde erst fast ein Jahr später stattgegeben. Am 22. Juli 2014 wurde Alvarez aus dem Gefängnis auf Kaution entlassen. Das Verfahren gegen sie zog sich noch über mehrere Jahre hin, was ihre Arbeit einschränkte. Die laufende, wenn auch falsche Anklage stellte eine permanente Bedrohung für Alvarez selbst wie auch ihre Familie und Kolleg:innen dar.

In einem Antrag des philippinischen Justizministeriums wurde Alvarez im Februar 2018 – zusammen mit 600 weiteren Personen – erneut beschuldigt, eine kommunistische Terroristin zu sein.

Am 4. März 2020 wurden Alvarez und acht weitere Mitangeklagte schließlich aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf des Mordes an Polenzo freigesprochen. Der vermeintliche Ex-Rebelle, der vor Gericht als Belastungszeuge gegen Alvarez und weitere Mitangeklagte auftrat, widerrief laut Gerichtsurteil Teile seiner Aussage im Kreuzverhör. Er wurde vom Gericht als unglaubwürdig eingestuft. Die Anklage wegen Raubes wurde vom Gericht nicht weiterverhandelt.

Trotz der abgewiesenen Anklage war Alvarez auch weiterhin ständigen Schikanen ausgesetzt. Sie wurde als Terroristin verleumdet und bedroht. Die Inhaftierung von Alvarez diente mit Sicherheit nicht nur dazu, ihre Arbeit zu unterbinden, sondern auch Angehörige, Sympathisant:innen, Kolleg:innen und die Öffentlichkeit einzuschüchtern.

Schließlich gipfelten die jahrelangen Schikanen, Drohungen und Repressionen in ihrer Ermordung: Am 17. August 2020 wurde Alvarez nahe ihrer Wohnung in Bacolod City auf der Insel Negros von unbekannten Tätern getötet.

Zara Alvarez ist eines der vielen Opfer der unter Präsident Duterte verschlechterten Menschenrechtslage in den Philippinen.

 

Der AMP-Menschenrechtsbericht von 2022 dokumentiert den Fall von Zara Alvarez auf Seite 21.

 

Download (PDF): AMP-Statement zum Jahrestag des Mordes an Zara Alvarez 2021

 

Download (PDF): AMP-Statement zum Mord an Zara Alvarez 2020

Update: 1. Februar 2023

Foto © philippinenbüro