Weitere Fälle erzwungenen Verschwindenlassen in Cagayan

Die zwei Bauern- und Jugendrechteaktivist:innen Michael Cedrick Casaño und Patricia Nicole Cierva sind die jüngsten gemeldeten Opfer gewaltsamen Verschwindenlassens in der Provinz Cagayan. Laut Berichten aus der lokalen Gemeinschaft sollen Soldaten der philippinischen Armee die Aktivist:innen mutmaßlich am 18. Mai 2023 in der Stadt Gonzaga entführt haben, unterstrich die Menschenrechtsgruppe Karapatan Cagayan Valley. Die Soldaten sollen die Aktivist:innen im Zuge einer Offensive gegen die kommunistische Rebell:innengruppe (New People’s Army/NPA) in Gewahrsam genommen haben. Seit Februar 2023 werden vermehrt Militäroperationen gegen die NPA in Cagayan durchgeführt.

Des Weiteren hat die philippinische Menschenrechtskommission (Commission on Human Rights/CHR) eine Untersuchung zu den Entführungen der zwei Aktivisten Gene Roz Jamil De Jesus und Dexter Capuyan am 28. April eingeleitet. Die Cordillera Human Rights Alliance vermutet, dass beide Aktivisten von Regierungstruppen in Gewahrsam genommen wurden. De Jesus, 27, ist Informations- und Kommunikationsbeauftragter der Philippine Task Force for the Rights of Indigenous Peoples (TFIP). Capuyan, 56, ist Mitglied der Bontoc-Kankanaey-Ibaloi Gemeinschaft und Aktivist für Indigenen Rechte in La Trinidad, Benguet. Das Militär beschuldigt Capuyan leitender NPA-Offizier zu sein.

Ein Zeuge gab an, dass mehrere Männer, die sich als Mitarbeiter der Criminal Investigation and Detection Group (CIDG) vorstellten, die zwei Aktivisten in getrennten Fahrzeugen in Gewahrsam nahmen. Dem CHR gegenüber wurde die Involvierung der CIDG von mehrere Strafverfolgungs-, Sicherheits- und Geheimdienstbehörden in Rizal bestritten. Die TFIP forderte die CIDG auf, Capuyan und de Jesus freizulassen sowie sicherzustellen, dass den beiden „ihre Menschenrechte und ihr Recht auf ein ordentliches Verfahren auf legalem und gerichtlichem Wege zugestanden werden”.

Erzwungenes Verschwindenlassen hat in den Philippinen eine historische Kontinuität. Die Praxis liegt einem Muster von politischer Repression zugrunde, welches bereits zur Marcos‘ Sr. Diktatur in 926 Fällen, oftmals unter Folter, angewandt wurde. Viele der heute verschwunden gelassenen Opfern sind Aktivist:innen oder Journalist:innen. Ihre Fälle werden meistens ohne Rechtsprechung fallen gelassen oder gar durch sogenanntes „Red-tagging“ (also die fälschliche Bezichtigung den kommunistischen Aufstand zu unterstützen) legitimiert.

Weitere mit fabrizierten Anklagen konfrontierte Aktivist:innen in den Kordilleren konnten einen Freispruch erhalten. Das Regionalgericht von der Provinz Abra hat die Anklage wegen Rebellion gegen einen Journalisten und sechs Aktivist:innen und Entwicklungshelfer:innen, die vom Militär als kommunistische Rebell:innen eingestuft worden waren, fallengelassen.

Die Anklage gegen den Vorsitzenden der Cordillera Peoples Alliance (CPA), Windel Bolinget, die CPA-Leiterin Jennifer Awingan und Stephen Tauli, die Entwicklungshelferinnen Sarah Abellon und Florence Kang, die Bauernrechtsaktivistin Lucia Lourdes Jimenez und der Journalist Niño Joseph Oconer  wurde mangels unzureichender Beweise abgewiesen. Bolinget hob hervor, dass dieses Muster wiederholter Schikane durch Klagen der Beschuldigung den kommunistischen Aufstand zu unterstützen gegen sie haltlos sei und hofft auf ein Ende fabrizierter Anklagen gegen Aktivist:innen.

 

 

Foto © Raffy Lerma

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