Zehntausende Tote im Krieg gegen die Drogen, zweihundert ermordete Menschenrechtsverteidiger*innen, fast absolute Straffreiheit für schwere Menschenrechtsverletzungen sowie eine zunehmende Drangsalierung der freien Presse und politischen Opposition: Diese katastrophale Bilanz zieht das Aktionsbündnis Menschenrechte – Philippinen (AMP) in einem Bericht zur Halbzeit der Präsidentschaft von Rodrigo Duterte. Im Juli 2016 war Duterte mit dem ausdrücklichen Versprechen angetreten, mutmaßliche Drogenkriminelle töten lassen zu wollen. Heute wird deutlich, dass dieses Versprechen zur grausamen Realität geworden ist.
Aber auch jenseits dieser brutalen Drogenpolitik gab Duterte all jene, die sich gegen ihn und seine Politik stellten, buchstäblich zum Abschuss frei. Der vom Aktionsbündnis vorgelegte Bericht zeigt, wie die vom Präsidenten verbreitete Rhetorik der Gewalt zu einer Menschenrechtskatastrophe geführt hat, die die ohnehin prekäre Situation unter seinen Vorgänger*innen in einen traurigen Schatten stellt.Der philippinischen Menschenrechtskommission zufolge könnte die Zahl der Todesopfer des „Kriegs gegen die Drogen“ mittlerweile 27.000 erreicht haben. Dabei zeigt der Bericht, dass die Tötungen systematisch geplant und durchgeführt werden.
Die Namen der Opfer, die ganz überwiegend der ärmsten Bevölkerungsschicht des Landes entstammen, werden ohne jegliches rechtsstaatliche Verfahren auf Überwachungslisten gesammelt. Auch werden gezielt Beweise gefälscht, um eine strafrechtliche Verfolgung der Täter*innen, die in den Reihen der Polizei, aber auch in den von diesen kontrollierten kriminellen Banden zu suchen sind, zu verhindern. Bei dieser gezielten Massenmordkampagne der Regierung könnte es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des internationalen Strafrechts handeln.Stark bedroht sind unter Duterte aber auch Menschenrechtsverteidiger*innen, Oppositionspolitiker*innen und unabhängige Medien. So wurden zwischen Juli 2016 und August 2019 mindestens 200 Menschenrechtsverteidiger*innen und 14 Journalist*innen getötet.
Zwar waren die Philippinen auch schon vor Duterte eines der gefährlichsten Länder der Welt für diese Gruppen, die Zahl der Morde hat aber noch einmal deutlich zugenommen. Dies liegt auch daran, dass die Regierung oppositionelle Kräfte systematisch als staatsfeindlich denunziert und ihnen oftmals unterstellt, Unterstützer*innen des kommunistischen Aufstandes der New People’s Army (NPA) zu sein.Der Bericht zeigt beispielhaft, wie philippinische Sicherheitskräfte gegen zivilgesellschaftliche Kräfte auf der Insel Negros vorgehen.
So wurden dort unter Duterte mehrere prominente Menschenrechtsaktivist*innen wie der Anwalt Benjamin Ramos ermordet. Zudem kam es zu mehreren großangelegten Einsätzen, bei denen 20 Menschenrechtsverteidiger*innen getötet und mehrere Dutzend unter fingierten Anklagen verhaftet wurden. Mit großer Sorge beobachtet das Bündnis, dass diese systematische Repression weiterhin anhält: Jüngst wurden am 31. Oktober bei Razzien bei drei linken Organisationen insgesamt 57 Menschen festgenommen.
Zusammen zeichnen diese Entwicklungen ein düsteres Bild für die Philippinen. In nur drei Jahren wurden nicht nur mehrere zehntausend Menschen Opfer tödlicher Gewalt. Die Regierung Duterte versucht auch systematisch, all jene zum Schweigen zu bringen, die Kritik an ihr üben. Dabei werden wichtige Erfolge der Demokratisierung und Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, die die Philippinen nach dem Ende der Marcos-Diktatur mühsam errungen hatten, im Eiltempo wieder zunichte gemacht. Das Aktionsbündnis ruft deswegen die internationale Gemeinschaft auf, die demokratischen Kräfte in der philippinischen Zivilgesellschaft zu unterstützen und die Regierung deutlich und unmissverständlich zur sofortigen Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards aufzufordern.