Lake Sebu Massaker

Am 3. Dezember 2017 wurden der T’boli-Manobo Vorsteher Datu Victor Danyan, seine beiden Söhne Victor Junior und Artemio Danyan, sein Schwiegersohn Pato Celardo und vier weitere Mitglieder der indigenen T’boli-Manobo-Gemeinschaft im Dorf Datal Bonlagon, Lake Sebu, South Cotabato, auf der Insel Mindanao von Mitgliedern des 27. Infanteriebataillons des philippinischen Militärs (Armed Forces of the Philippines/AFP) erschossen.

Nach Angaben der AFP starben die Opfer im Kreuzfeuer während eines Gefechts mit der Rebell:innengruppe New People’s Army (NPA). Augenzeug:innen berichteten jedoch, dass die Soldaten die Farm von Datu Danyan betraten und ohne Vorwarnung das Feuer eröffnet hätten. Am Tag vor dem Vorfall hatten die AFP-Kräfte in den lokalen Medien die Lumads und insbesondere ihren “Anführer” Victor Danyan aufgefordert, sich zu ergeben. Die AFP hatte zuvor behauptet, Danyan und seine Söhne seien Mitglieder der NPA.

Datu Danyan war der Vorsitzende der indigenen T’boli-Manobo Sdaf Claimants Organization (TAMASCO), die sich für die Rechte der indigenen T’boli-Manobo-Gemeinschaft einsetzte, insbesondere im Hinblick auf ihren Anspruch auf ihr angestammtes Land. Bereits 1991 wurden die indigenen Gemeinschaften durch die Bulldozer und Kettensägen des Unternehmens Silvicultural Industries, Inc. (SII) von ihrem Land vertrieben. Einige ihrer Häuser und angestammten Grabstätten wurden niedergebrannt. Die Regierung erteilte SII eine 25-Jahres-Lizenz für den Kaffeeanbau auf 11.862 Hektar der angestammten Gebiete der T’boli-Manobo. Seitdem wurde der Wald auf diesem Gebiet massiv abgeholzt, wodurch der natürliche Lebensraum und das traditionelle Wissen der indigenen Gemeinschaften langsam vernichtet wurden.

Datu Danyan wartete 25 Jahre, bis die Lizenz im Jahr 2016 auslief. Trotz der entschlossenen und einstimmigen Ablehnung durch die betroffene Gemeinschaft erteilte das philippinische Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen (Department of Environment and Natural Resources/DENR) SII eine Lizenzverlängerung für die umstrittenen angestammten Gebiete. Nach dem nationalen Gesetz über die Rechte indigener Völker (Indigenous Peoples Rights Act) hätte dazu die freie, vorherige und informierte Zustimmung der T’boli-Manobo Gemeinschaft erforderlich sein müssen.

Die T’boli-Manobo Gemeinschaft, angeführt von Datu Danyan, reagierten mit der Besetzung von 150 Hektar ihres Landes. Sie rodeten die Kaffeepflanzen der “Dawang Coffee Plantation” der SII und pflanzten stattdessen Mais an. Sie forderten die Plantagenwächter:innen auf, die Plantage zu verlassen, woraufhin gegen Datu Danyan und mehrere andere Mitglieder der indigenen Gemeinschaft Haftbefehle ausgestellt wurden. Einige von ihnen erhielten Morddrohungen und wurden der NPA-Mitgliedschaft beschuldigt. Unter Vermittlung der katholischen Kirche wurde am 4. Dezember 2017 ein Treffen zwischen TAMASCO-Mitgliedern und Regierungsvertreter:innen arrangiert. Bevor das Treffen jedoch stattfinden konnte, wurden die acht TAMASCO-Mitglieder brutal massakriert.

Die Ermordung der TAMASCO-Mitglieder erfolgte eine Woche, nachdem die Regierung unter dem ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte die Friedensgespräche mit der Kommunistischen Partei der Philippinen (Communist Party of the Philippines) ausgesetzt und ein hartes Durchgreifen gegen mutmaßliche kommunistische Rebell:innen angekündigt hatte.

Bis heute sind die Täter des Mordes an Datu Danyan und der anderen sieben T’boli-Manobo-Mitglieder für ihre Menschenrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft gezogen worden. In der Zwischenzeit haben auch Tochtergesellschaften der San Miguel Corporation mit dem Kohleabbau in dem geschützten Gebiet in Lake Sebu begonnen, wodurch der natürliche Lebensraum der T’boli-Manobo-Gemeinschaften weiter zerstört wird. Trotz einer Unterlassungsanordnung der Nationalen Kommission für indigene Völker (National Commission on Indigenous Peoples) setzt die Dawang Coffee Plantation ihren Betrieb fort.

 

Die AMP hat den Fall im Menschenrechtsbericht von 2019 auf Seite 27 dargestellt (manche Informationen in der Fallbeschreibung hier weichen aufgrund späterer Überarbeitungen und Anpassungen vom Bericht ab).

 

Update: 13. April 2023

Foto © Legal Rights and Natural Resources Center