CERNET 27
Im Mai 2023 wurde eine Strafanzeige eingereicht, in der die Nichtregierungsorganisation (NRO) Community Empowerment Resource Network (CERNET) und 27 mit der Organisation in Verbindung gebrachten Personen (zusammen „CERNET 27“) beschuldigt wurden, gegen Abschnitt 8(ii) und Abschnitt 9 des Gesetzes zur Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus Finanzierung (Terrorism Financing Prevention and Suppression Act, Republic Act No. 10168) aus dem Jahr 2012 verstoßen zu haben.
Am 8. Mai 2024 wurden alle 27 Personen (darunter drei bereits verstorbene) zusammen mit CERNET vom Justizministerium vor dem Regionalgericht von Cebu City angeklagt. Nachdem ein Haftbefehl am 13. Mai 2024 gegen die Beschuldigten erstellt wurde, konnten alle eine Kaution hinterlegen.
Seit seiner Gründung im Jahr 2001 hat CERNET kontinuierlich mit Basisorganisationen zusammengearbeitet, um die Armut in ihren Gemeinden zu verbessern. Trotz ihrer anerkannten Arbeit ist CERNET seit Jahren Zielscheibe unbegründeter Anschuldigungen, den kommunistischen Aufstand bzw. die bewaffnete Rebellengruppe New People’s Army (NPA) in den Philippinen zu unterstützen. Diese Praxis des so genannten „Red-tagging“, d.h. der Einstufung von Personen oder Organisationen als „terroristisch“ oder der NPA anzugehören, ist eine gängige Strategie der philippinischen Sicherheitskräfte, um u.a. NROs und ihre Mitarbeitenden an der Ausübung ihrer Arbeit zu hindern.
„Red-tagging“ führt häufig zu weiteren Schikanen, öffentlicher Diffamierung, unrechtmäßiger Überwachung, willkürlichen Verhaftungen, gewaltsamem Verschwindenlassen und sogar Tötungen. Kurz bevor die genannten Anklagen gegen CERNET erhoben wurden, haben philippinische Sicherheitskräfte, vor allem General Joey Escanillas CERNET und seine Mitglieder während einer Pressekonferenz in Dumaguete City, Negros Oriental, am 30. April 2024 beschuldigt, die NPA zu unterstützen. Unter den Beschuldigten befinden sich ehemalige und aktive Entwicklungarbeiter:innen und Menschenrechtsaktivist:innen, die mit CERNET in Verbindung standen oder noch stehen. Die konstruierten Anklagen bringen nicht nur die Betroffenen und ihre Familien in Gefahr, sondern behindern auch ihre jeweiligen Organisationen und ihre wichtige Arbeit mit marginalisierten Gemeinschaften.
Am 19. Mai 2024 veröffentlichte die Polizei von Cebu City auf ihrer Soziale Medien Webseite auf Facebook ein Foto einer der 27 Angeklagten, Estrella Catarata, worin diese fälschlicherweise als die „Nr. 1 der meistgesuchten Personen in Central Visayas“ bezeichnet wurde. Auf derselben Facebook-Seite wurden auch die Fotos von zwei anderen Angeklagten, Dr. Oliver Gimenez und Dr. Petty De Castro, gepostet. Auf einer anderen Facebook-Seite wurden die Fotos von fünf weiteren Beschuldigten gepostet und als „gesuchte Personen“ gekennzeichnet.
CERNET und seine Mitarbeitenden waren in der Vergangenheit „Red-tagging“ Attacken ausgesetzt. Zudem wurde Anfang 2023 wurde Dyan Gumanao, eine Mitarbeiterin von CERNET, zusammen mit ihrem Partner Armand Dayoha von angeblichen philippinischen Sicherheitskräften entführt und mehrere Tage lang an einem nicht genannten Ort verhört (siehe Fall: Dyan Gumanao und Armand Dayoha).
Im Januar 2024 prangerte die UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, Irene Khan, die Praxis des „Red-tagging“ an und forderte die Abschaffung von Regierungsstellen, die für die Schikanierung von Aktivist:innen bekannt sind. Khan unterstricht, dass solche Aktionen die von den Gemeinschaften geführte Entwicklungs- und Armutsbekämpfungsarbeit behindern und delegitimieren.
Nach Angaben von CERNET hat der Hauptzeuge in dem Fall, Bernabe Nieves, behauptet, als ehemaliger CERNET Mitarbeiter im September 2012 über einen anderen Zeugen, dem Rebellenrückkehrer Hermosila Apao Villamor, 135.000 Pesos an die NPA in Sta. Catalina in der Provinz Negros Oriental ausbezahlt zu haben. Nieves war im Juli 2006 bei CERNET angestellt, wurde aber im November 2012 entlassen, nachdem er – nach Angaben von CERNET – dabei erwischt wurde, wie er über eine chronische Krankheit log, um mehr Leistungen zu erhalten, und Geld vom Militär im Austausch für Informationen über Projektvorschläge von CERNET erhielt.
Seit Oktober 2023 ist das Bankkonto von CERNET eingefroren. Aus diesem Grund kann CERNET keine Projekte mehr unterstützen, an denen mehr als 200 zivilgesellschaftliche Organisationen in den Visayas beteiligt waren.
Im August 2024 äußerten verschiedene UN-Sonderberichterstatter:innen in einem gemeinsamen Communiqué an die philippinische Regierung als Reaktion auf die Anklage gegen CERNET und den 27 Personen wegen angeblicher Terrorismusfinanzierung große Besorgnis über „die möglichen Auswirkungen von Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten [auf] lebenswichtige humanitäre und menschenrechtliche Dienstleistungen.“
Im September 2024 kam es zur Anklageerhebung; im Februar und Mai 2025 fanden jeweils eine Anhörung statt. Auch die Aussage eines Mitarbeitenden des Anti-Geldwäscherats (Anti-Money Laundering Council/AMLC) in der letzten Anhörung konnte die angebliche Geldtransaktion von CERNET an die NPA nicht nachweisen.
Am 23. April 2025 erhob Estrella Catarata, eine der CERNET 27 Angeklagten, eine Anzeige gegen General Escanillas für den „Red-tagging“ Angriff gegen CERNET 27 im Vorjahr.
Die nächste Anhörung findet am 31. Jul 2025 statt.
Das AMP hat drei Statements hinsichtlich des CERNET 27 Falls veröffentlicht:
Download (PDF): AMP-Statement: Konstruierte Anklagen gegen NROs in den Philippinen 2025 (Engl.)
Download (PDF): AMP-Statement: Fabrizierte Anklagen gegen CERNET Mitglieder in den Philippinen 2024 (Engl.)
Download (PDF): AMP-Statement zu Anschuldigungen gegen CERNET wegen angeblicher Terrorfinanzierung 2023 (Engl.)
Update: 13. Juni 2025

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